- Anteil der Festgelder an Spareinlagen steigt erstmals seit über 10 Jahren
- Run auf kurzfristige Festgelder treibt Wachstum
- 2023 beginnt mit Rekordabflüssen bei Sichteinlagen
Trendwende in 2022 – Anteil der Festgelder steigt erstmals seit über 10 Jahren
Noch im Sommer vergangenen Jahres hatte der Anteil der Sichteinlagen, die vor allem aus Girokonten und Tagesgeldern bestehen, ein Rekordhoch erreicht: Fast 70 % aller Spareinlagen der Deutschen lagen damals laut der EZB auf diesen Konten. In der Rückschau auf das ganze Jahr 2022 zeigt sich nun aber ein anderes Bild. Kein Sparprodukt ist übers gesamte Jahr gesehen in Deutschland so stark gewachsen wie Festgelder. Maßgeblich verantwortlich dafür sind vor allem die letzten Monate des Jahres 2022. Bis dahin hatten die deutschen Sparer und Sparerinnen im Vergleich zu den Vorjahresmonaten sogar Geld von Festgeldkonten abgezogen. Dann erfolgte die drastische Kehrtwende: War zwischen August 2021 und August 2022 bei den Festgeldern noch ein Rückgang von 0,8 % festzustellen, wurde daraus in den wenigen Monaten bis zum Jahresende ein deutlicher Anstieg: 17 % in der Gesamtjahresbetrachtung 2022. Das Wachstum der Sichteinlagen indes sank im Jahr 2022 und lag Ende 2022 nur noch bei 2,6 % – trotz eines kurzen Aufschwungs im Sommer.
Für Deutschland bedeutet das eine Zeitenwende im Sparverhalten. Nachdem der Anteil der Festgelder an den Spareinlagen im Juli 2022 mit 9,7 % seinen Tiefstwert erreicht hatte, stieg er erstmals seit Jahren wieder über mehrere Monate hinweg. Insgesamt nahm er in der zweiten Jahreshälfte 2022 in Deutschland um etwa 1,7 % zu und lag zu Neujahr bei knapp 11,4 %. Damit steht Deutschland nicht alleine. In den meisten Staaten der Eurozone zeichnet sich eine solche Trendwende zurück zum Festgeld ab, auch wenn die prozentuale Verschiebung in der Eurozone im gleichen Zeitraum gerade einmal 0,9 % betrug. Interessant ist dabei die Entwicklung in den anderen großen Volkswirtschaften der Europäischen Union. In Spanien fiel der Anteil des Festgelds nämlich sogar um 0,2 %. In Italien stieg er zwar, aber nur um 0,1 Prozent, während Frankreich und die Niederlande zumindest 0,7 % beziehungsweise 0,4 % Zuwachs verbuchen konnten. Die Deutschen werden also insbesondere im europäischen Vergleich immer mehr zu Festgeld-Freunden.
Festgelder mit kurzen Laufzeiten treiben Wachstum
Treiber dieser Entwicklung sind in Deutschland Festgelder mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr. Von Ende 2021 bis Ende 2022 hat sich ihr Volumen mehr als verdoppelt – ihr Anstieg betrug 125,7 %. Auch Anlagen mit einer Laufzeit von ein bis zu zwei Jahren konnten sich deutlich erholen, spielten trotzdem aber mit 25,7 % Steigerung im Vergleich nur eine untergeordnete Rolle. Bemerkenswert ist die Stagnation bei Festgeldern mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren. Ihr Wachstum im Vergleich zum Vorjahresmonat schwankte nur um knapp ein Prozent und betrug am Ende des Jahres mit 0,3 % etwa so viel wie das Jahr zuvor.
Auch in 2023 Rekordabflüsse bei Sichteinlagen – Deutschland Spitzenreiter in der Eurozone
Die ersten Daten des neuen Jahres bestätigen den Trend zum Festgeld nicht nur, sondern zeigen eine deutliche Verstärkung, die sich auf die gesamte Eurozone erstreckt. Alleine im Januar haben die Sparerinnen und Sparer in der Eurozone rund 76 Milliarden Euro aus Sichteinlagen abgezogen – ein neuer Rekordwert. Zum Vergleich: Die bisherigen Rekordabflüsse hatten gerade einmal knapp 40 Milliarden Euro betragen und liegen etwa 16 Jahre zurück. Währenddessen konnten die Banken in der Eurozone im Januar etwa 36 Milliarden Euro Zuflüsse auf ihren Festgeldkonten verzeichnen – der höchste Wert seit über 10 Jahren. Der Löwenanteil dieser Zuflüsse kam dabei aus Deutschland, wo Sparer und Sparerinnen rund 20 Milliarden Euro auf Festgeldkonten übertrugen. Deutlich mehr als die 3 Milliarden beziehungsweise 3,2 Milliarden, die in Frankreich oder Italien verschoben wurden. In den Niederlanden waren es mit 1,6 Milliarden Euro noch weniger und in Spanien stagnierten die Zuflüsse mit lediglich knapp 76 Millionen.
Katharina Lüth, Finanzexpertin und Chief Client Officer von Raisin und WeltSparen, erklärt die Hintergründe:
Die Zinsen sind zurück. Die Sparerinnen und Sparer reagieren darauf und verschieben das Geld von Girokonten oder Tagesgeldern auf deutlich besser verzinste Festgelder. Aktuell setzen sie dabei aber vor allem auf kürzere Laufzeiten von bis zu zwei Jahren. Das macht aus zwei Gründen Sinn: Zum einen muss man nicht ganz so lang im Voraus planen und bewahrt sich etwas Spielraum, falls das Geld benötigt wird. Zum anderen ist die Zinsrally der EZB noch nicht am Ende, sodass auch die Einlagenzinsen für Verbraucher und Verbraucherinnen vermutlich noch etwas steigen werden. Das preisen Sparer und Sparerinnen in ihre Entscheidungen mit ein. So oder so: Festgelder sind das Anlageprodukt der Stunde.
Methodologie:
Alle Daten beruhen auf Angaben der Europäischen Zentralbank. Sichteinlagen entsprechen den von der EZB als “Overnight” bezeichneten Konten bzw. Einlagen und umfassen alle Konten bzw. Einlagen, die bis zum Ende des Folgetages verfügbar sind, wie Giro- oder Tagesgeldkonten. Eine umfassende Auswertung finden Sie hier.
Über Raisin (WeltSparen)
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